Deutscher Eishockey Bund
Interview mit DEB-Präsident Franz Reindl
(DEB) Im Interview hat und Franz Reindl, Präsident des Deutschen Eishockey Bund, einige Fragen zur aktuellen Corona-Problematik, die Auswirkungen, das deutsche Eishockey und den Nachwuchs beantwortet.
Hallo Herr Reindl, vielen Dank, dass wir Ihnen ein paar Fragen stellen dürfen!
Die Saison 2020/2021 in den Ligen hat begonnen, der Nachwuchs und die Landesverbände sind inzwischen aber zum Zuschauen verurteilt. Wie kritisch ist die Lage im Deutschen Eishockey, wenn man die Basis, also Nachwuchs und Landesverbände, so betrachtet?
Wir unterscheiden uns da wenig von anderen Teamsportarten und schätzen die Lage als sehr kritisch ein. Wir haben uns aber entscheiden, dass wir uns der Situation stellen und das Beste daraus machen. Dazu gehört, dass wir neue Wege gehen, die Betreuung online verlagert haben. Es wird so gut es geht Kontakt gehalten und das Machbare versucht.
Befürchten Sie im Nachwuchs und in den Clubs der Landesverbände Langzeitschäden durch Corona? Oder sehen Sie sogar größere Schwierigkeiten auf die Clubs in den Profiligen zu kommen, langfristig gesehen?
Die Langzeitfolgen sind heute noch nicht absehbar. Wir haben es mit einer weltweiten Pandemie zu tun und das bedeutet auch, dass alle Nationen und Sportarten betroffen sind. Mittel- und Langfristig ist es wahrscheinlich, dass die Drop-out-Rate steigt und die Neuanmeldung drastisch sinken, weil die jährlichen Akquiseveranstaltungen fehlen. Die größte Sorge macht uns die beginnende Schließung der Eisstadien und Eisflächen, das könnte infrastrukturell einen enormen Rückschlag bedeuten.
Sportliche Entscheidungen in den Ligen rücken in den Hintergrund, eine Saison in der es für die Clubs nur um das reine Überleben geht?
Ich bin sehr glücklich und dankbar für das Engagement der Clubs, der Verantwortlichen und vor allem der Spieler, die alles dafür tun, den Sportbetrieb aufrecht zu erhalten. Die Bundes- und Landesregierungen helfen uns dabei unglaublich. Nur so können wir auch unsere Partner- und Sponsoren im Eishockeysport halten und einen Anreiz für die Nachwuchsspieler erzeugen.
Eine Saison, in der nicht die sportlichen Entscheidungen im Mittelpunkt stehen und in der man viel improvisieren muss, ist aber eigentlich auch eine Chance für Veränderungen. Kann das Deutsche Eishockey, wenn man die richtigen Schlüsse zieht und in allen Bereichen zusammenhält, eventuell auch gestärkt aus dieser Situation heraus kommen?
Auf alle Fälle. Die Krise hat bereits in vielen Bereichen für neue Ideen und Konzepte gesorgt. Allein die virtuell ausgerichtete Aus- und Weiterbildung der Trainer- und Schiedsrichter und Weiterbildung ist auf einem unglaublichen, richtungsweisenden Niveau. Der Sport ist mit dem DOSB, den LEVs, Clubs und Ligen immens zusammengerückt und arbeitet mit dem BMI, dem Sportausschuss des Bundestages und allen weiteren Gruppen und Institutionen in nie dagewesener Intensität zusammen.
Der DEB hat in den letzten Jahren viel angeschoben, die Strukturen wurden verändert, die Nachwuchsarbeit und die Trainerausbildung verbessert. Auch die DEL-Clubs haben viel Geld in die Nachwuchsarbeit investiert. Weitere Schritte müssten nun aber folgen. An einer Reduzierung der Kontingentstellen in der höchsten Deutschen Spielklasse führt kein Weg vorbei, möchte man die Früchte aus der Aufbauarbeit der letzten Jahre auch ernten. Diese Gedanken müssten doch nun auch bei den Clubs der DEL reifen. Wie sehen Sie das aus Sicht des DEB?
Unsere gemeinsame Aufgabe war es, mit ganzer Kraft für die adäquate Ausbildung der deutschen Spieler zu sorgen, um gemäß unserem Konzept POWERPLAY 26 mittelfristig deren Anzahl in der Top-Liga zu erhöhen. Die Spieler gibt es jetzt in größerer Breite, sie werden vermehrt eingesetzt, die Mannschaften werden jünger und das Identifikationspotenzial steigt. Insbesondere werden aktuell in der DEL - auch pandemiebedingt - unglaublich viele deutsche Nachwuchsspieler eingesetzt. Dieser positive Trend zieht sich von der DEL über DEL2 bis hin zu den Oberligen. Das ist ein fantastischer Nebeneffekt, der ohne die Ausbildung natürlich nicht möglich wäre. Da wird viel Gutes herauskommen.
Der DEB, insbesondere der jetzt freigestellte Sportdirektor Stefan Schaidnagel, haben sich in den letzten Jahren für eine Reduzierung der Kontingentstellen eingesetzt. Die Clubs der DEL haben sich bei diesem Thema aber strikt verweigert. Könnte sich das jetzt durch Corona vielleicht ändern?
Wir orientieren uns weiter an unserer gemeinsamen Konzeption POWERPLAY 26 mit den entsprechenden Zielen - verbunden mit verstärkten Anstrengungen im Betreuungs- und Ausbildungsbereich. Die Zwischenerfolge sind doch heute schon klar erkennbar. Im Vordergrund muss der sportliche Wettkampf stehen. Die deutschen Spieler scheinen dafür bereit.
Die U23- bzw. U24-Regelungen in der DEL und DEL2 sind Regelungen die jungen Deutschen Spielern helfen sollen, mehr Eiszeiten zu bekommen. Die Einsatzzeiten für manche junge Spieler, zumindest in der DEL, sind aber immer noch sehr überschaubar. Die Stellen für U23/U24-Spieler wurden und sollen weiter erhöht, die Kontingentstellen aber nicht reduziert werden. D.h. für Deutsche Spieler über 23/24 Jahre wird es immer schwieriger Verträge zu bekommen. Man bildet also Spieler aus, verbaut Ihnen dann aber den Weg, wenn sie aus dem Altersbereich rausfallen. Kann das im Sinn des Deutschen Eishockey-Bundes sein?
Die DEL startet den Betrieb erst am 17.12., dann werden wir aktuelle Erkenntnisse zu Einsatzzeiten bekommen. Ich gehe von einer erheblichen Steigerung aus. Ich persönlich halte nicht so viel von zu vielen Reglementierung und vertraue auf den sportlichen Wettkampf. Die Regularien müssen und werden sukzessive den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst.
Weniger Kontingentspieler, mehr junge Deutsche Spieler, Etatangleichung von DEL an DEL2, geringere Kosten der Spielerkader in der DEL, dadurch bessere Durchlässigkeit mit Auf- und Abstieg zwischen DEL und DEL2 möglich. Das Deutsche Eishockey könnte sich neu aufstellen?
Absolut richtig. Ich sehe uns da auf einem sehr guten Weg. Insbesondere die Anzahl der Top Athleten gibt zur positiven Sichtweise Anlass.
Im Deutschen Eishockey sind DEL und DEL2 eigenständige Ligen, durch Kooperationsverträge mit dem DEB bzw. untereinander wurden Strukturen und Vereinbarungen festgelegt. Die Bestimmungen machen aber mehr oder weniger die DEL-Clubs selbst, der DEB kann der Liga nur Empfehlungen aussprechen, aber hat keinerlei Einfluss über Entscheidungen. Wäre es nicht auch hier Zeit für eine Veränderung und wäre es nicht möglich ein sogenanntes „Sportgremium“ aus Vertretern des DEB, der DEL, der DEL2 und der neuen Spielervereinigung zu gründen, die über strukturelle Themen, wie eben Auf- und Abstieg, Anzahl der U-Stellen und der Kontingentspieler berät und entscheidet?
Wir sind glücklich über die bestehenden Kooperationsverträge und deren Einhaltung. Nur ein gemeinsames und respektvolles Miteinander kann uns in eine erfolgreiche Zukunft tragen. Die Zusammenarbeit ist fast schon ein internationales Vorzeigemodell. Zur Erinnerung: Die 28 Proficlubs sind Mitglieder im DEB neben Oberligisten, Frauen- und Nachwuchsvereinen. Wir haben gemeinsame, mit großer Kompetenz ausgestattete Gremien wie Nachwuchsausschuss, Leistungssportausschuss und Nationalmannschafts-Direktorat. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut und wird laufend verbessert. Dass man nicht alle Wünsche und Anregungen sofort umgesetzt bekommt, ist in der Demokratie und freien Wirtschaft normal. Hier ist Einsicht und schrittweises Vorgehen wesentlich zielführender und besser als medialer Druck unter Partnern.
Herr Reindl, vielen Dank dass Sie sich Zeit genommen und unsere Fragen beantwortet haben!
Interview mit DEB-Präsident Franz Reindl
(DEB) Im Interview hat und Franz Reindl, Präsident des Deutschen Eishockey Bund, einige Fragen zur aktuellen Corona-Problematik, die Auswirkungen, das deutsche Eishockey und den Nachwuchs beantwortet.
Hallo Herr Reindl, vielen Dank, dass wir Ihnen ein paar Fragen stellen dürfen!
Die Saison 2020/2021 in den Ligen hat begonnen, der Nachwuchs und die Landesverbände sind inzwischen aber zum Zuschauen verurteilt. Wie kritisch ist die Lage im Deutschen Eishockey, wenn man die Basis, also Nachwuchs und Landesverbände, so betrachtet?
Wir unterscheiden uns da wenig von anderen Teamsportarten und schätzen die Lage als sehr kritisch ein. Wir haben uns aber entscheiden, dass wir uns der Situation stellen und das Beste daraus machen. Dazu gehört, dass wir neue Wege gehen, die Betreuung online verlagert haben. Es wird so gut es geht Kontakt gehalten und das Machbare versucht.
Befürchten Sie im Nachwuchs und in den Clubs der Landesverbände Langzeitschäden durch Corona? Oder sehen Sie sogar größere Schwierigkeiten auf die Clubs in den Profiligen zu kommen, langfristig gesehen?
Die Langzeitfolgen sind heute noch nicht absehbar. Wir haben es mit einer weltweiten Pandemie zu tun und das bedeutet auch, dass alle Nationen und Sportarten betroffen sind. Mittel- und Langfristig ist es wahrscheinlich, dass die Drop-out-Rate steigt und die Neuanmeldung drastisch sinken, weil die jährlichen Akquiseveranstaltungen fehlen. Die größte Sorge macht uns die beginnende Schließung der Eisstadien und Eisflächen, das könnte infrastrukturell einen enormen Rückschlag bedeuten.
Sportliche Entscheidungen in den Ligen rücken in den Hintergrund, eine Saison in der es für die Clubs nur um das reine Überleben geht?
Ich bin sehr glücklich und dankbar für das Engagement der Clubs, der Verantwortlichen und vor allem der Spieler, die alles dafür tun, den Sportbetrieb aufrecht zu erhalten. Die Bundes- und Landesregierungen helfen uns dabei unglaublich. Nur so können wir auch unsere Partner- und Sponsoren im Eishockeysport halten und einen Anreiz für die Nachwuchsspieler erzeugen.
Eine Saison, in der nicht die sportlichen Entscheidungen im Mittelpunkt stehen und in der man viel improvisieren muss, ist aber eigentlich auch eine Chance für Veränderungen. Kann das Deutsche Eishockey, wenn man die richtigen Schlüsse zieht und in allen Bereichen zusammenhält, eventuell auch gestärkt aus dieser Situation heraus kommen?
Auf alle Fälle. Die Krise hat bereits in vielen Bereichen für neue Ideen und Konzepte gesorgt. Allein die virtuell ausgerichtete Aus- und Weiterbildung der Trainer- und Schiedsrichter und Weiterbildung ist auf einem unglaublichen, richtungsweisenden Niveau. Der Sport ist mit dem DOSB, den LEVs, Clubs und Ligen immens zusammengerückt und arbeitet mit dem BMI, dem Sportausschuss des Bundestages und allen weiteren Gruppen und Institutionen in nie dagewesener Intensität zusammen.
Der DEB hat in den letzten Jahren viel angeschoben, die Strukturen wurden verändert, die Nachwuchsarbeit und die Trainerausbildung verbessert. Auch die DEL-Clubs haben viel Geld in die Nachwuchsarbeit investiert. Weitere Schritte müssten nun aber folgen. An einer Reduzierung der Kontingentstellen in der höchsten Deutschen Spielklasse führt kein Weg vorbei, möchte man die Früchte aus der Aufbauarbeit der letzten Jahre auch ernten. Diese Gedanken müssten doch nun auch bei den Clubs der DEL reifen. Wie sehen Sie das aus Sicht des DEB?
Unsere gemeinsame Aufgabe war es, mit ganzer Kraft für die adäquate Ausbildung der deutschen Spieler zu sorgen, um gemäß unserem Konzept POWERPLAY 26 mittelfristig deren Anzahl in der Top-Liga zu erhöhen. Die Spieler gibt es jetzt in größerer Breite, sie werden vermehrt eingesetzt, die Mannschaften werden jünger und das Identifikationspotenzial steigt. Insbesondere werden aktuell in der DEL - auch pandemiebedingt - unglaublich viele deutsche Nachwuchsspieler eingesetzt. Dieser positive Trend zieht sich von der DEL über DEL2 bis hin zu den Oberligen. Das ist ein fantastischer Nebeneffekt, der ohne die Ausbildung natürlich nicht möglich wäre. Da wird viel Gutes herauskommen.
Der DEB, insbesondere der jetzt freigestellte Sportdirektor Stefan Schaidnagel, haben sich in den letzten Jahren für eine Reduzierung der Kontingentstellen eingesetzt. Die Clubs der DEL haben sich bei diesem Thema aber strikt verweigert. Könnte sich das jetzt durch Corona vielleicht ändern?
Wir orientieren uns weiter an unserer gemeinsamen Konzeption POWERPLAY 26 mit den entsprechenden Zielen - verbunden mit verstärkten Anstrengungen im Betreuungs- und Ausbildungsbereich. Die Zwischenerfolge sind doch heute schon klar erkennbar. Im Vordergrund muss der sportliche Wettkampf stehen. Die deutschen Spieler scheinen dafür bereit.
Die U23- bzw. U24-Regelungen in der DEL und DEL2 sind Regelungen die jungen Deutschen Spielern helfen sollen, mehr Eiszeiten zu bekommen. Die Einsatzzeiten für manche junge Spieler, zumindest in der DEL, sind aber immer noch sehr überschaubar. Die Stellen für U23/U24-Spieler wurden und sollen weiter erhöht, die Kontingentstellen aber nicht reduziert werden. D.h. für Deutsche Spieler über 23/24 Jahre wird es immer schwieriger Verträge zu bekommen. Man bildet also Spieler aus, verbaut Ihnen dann aber den Weg, wenn sie aus dem Altersbereich rausfallen. Kann das im Sinn des Deutschen Eishockey-Bundes sein?
Die DEL startet den Betrieb erst am 17.12., dann werden wir aktuelle Erkenntnisse zu Einsatzzeiten bekommen. Ich gehe von einer erheblichen Steigerung aus. Ich persönlich halte nicht so viel von zu vielen Reglementierung und vertraue auf den sportlichen Wettkampf. Die Regularien müssen und werden sukzessive den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst.
Weniger Kontingentspieler, mehr junge Deutsche Spieler, Etatangleichung von DEL an DEL2, geringere Kosten der Spielerkader in der DEL, dadurch bessere Durchlässigkeit mit Auf- und Abstieg zwischen DEL und DEL2 möglich. Das Deutsche Eishockey könnte sich neu aufstellen?
Absolut richtig. Ich sehe uns da auf einem sehr guten Weg. Insbesondere die Anzahl der Top Athleten gibt zur positiven Sichtweise Anlass.
Im Deutschen Eishockey sind DEL und DEL2 eigenständige Ligen, durch Kooperationsverträge mit dem DEB bzw. untereinander wurden Strukturen und Vereinbarungen festgelegt. Die Bestimmungen machen aber mehr oder weniger die DEL-Clubs selbst, der DEB kann der Liga nur Empfehlungen aussprechen, aber hat keinerlei Einfluss über Entscheidungen. Wäre es nicht auch hier Zeit für eine Veränderung und wäre es nicht möglich ein sogenanntes „Sportgremium“ aus Vertretern des DEB, der DEL, der DEL2 und der neuen Spielervereinigung zu gründen, die über strukturelle Themen, wie eben Auf- und Abstieg, Anzahl der U-Stellen und der Kontingentspieler berät und entscheidet?
Wir sind glücklich über die bestehenden Kooperationsverträge und deren Einhaltung. Nur ein gemeinsames und respektvolles Miteinander kann uns in eine erfolgreiche Zukunft tragen. Die Zusammenarbeit ist fast schon ein internationales Vorzeigemodell. Zur Erinnerung: Die 28 Proficlubs sind Mitglieder im DEB neben Oberligisten, Frauen- und Nachwuchsvereinen. Wir haben gemeinsame, mit großer Kompetenz ausgestattete Gremien wie Nachwuchsausschuss, Leistungssportausschuss und Nationalmannschafts-Direktorat. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut und wird laufend verbessert. Dass man nicht alle Wünsche und Anregungen sofort umgesetzt bekommt, ist in der Demokratie und freien Wirtschaft normal. Hier ist Einsicht und schrittweises Vorgehen wesentlich zielführender und besser als medialer Druck unter Partnern.
Herr Reindl, vielen Dank dass Sie sich Zeit genommen und unsere Fragen beantwortet haben!
Dienstag 15.Dezember 2020 | www.icehockeypage.de | ||
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